Milzbrand-Epidemie Swerdlowsk
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Milzbrand-Epidemie Swerdlowsk

Vor rund 40 Jahren brach im russischen Swerdlowsk unbeabsichtigt eine Milzbrand-Epidemie aus und führte nach offiziellen Zahlen zu mindestens 100 Todesopfern. Die tatsächlichen Opferzahlen sind bis heute nicht bekannt und werden mit hoher Wahrscheinlichkeit unter Verschluss gehalten.

Die damalige Sowjetregierung vertuschte den Milzbrand-Unfall etliche Jahre und nannte infiziertes Fleisch aus dem Umfeld der Stadt als Grund für den Zwischenfall.

Wie kam es zum Milzbrand-Ausbruch von Swerdlowsk?

Im zweiten Weltkrieg wurde Swerdlowsk zu einer hermetisch abgeriegelten Stadt, die sich zu einem der zentralen Produktionsstätten der Sowjetunion entwickelte. Hier sind Panzer, Atomwaffen und weitere Waffen hergestellt worden. Nahe der Stadt kam es 1957 zur Explosion eines militärischen Atommülltanks, der als Kyschtym-Unfall bekannt wurde und eine erhebliche Fläche radioaktiv verseuchte.

Erbaut wurde die Biowaffenanlage nach Kriegsende in Swerdlowsk, deren Basis erbeutete Geheimdokumente der umstrittenen japanischen Einheit 731 waren, die schreckliche Biowaffenexperimente durchführten.

In der Anlage wurde das Milzbrandbakterium Anthrax 836 hergestellt, als es 1953 zu einem Unfall kam und eine Isolierung in Kirow erforderte. Über zwei Jahrzehnte später ereignete sich der schwerste Zwischenfall in der Biowaffenfabrik.

Milzbrand aus Versehen freigesetzt

Zur Herstellung des Milzbrandpulvers erfolgte eine Trocknung der angelegten Milzbrandkulturen, um sie als Aerosol einsetzen zu können. Einzig starke Filter, die in die Abluftanlagen integriert wurden, dienten als Sperre zwischen dem Biowaffenlabor und der ahnungslosen Außenwelt.

Als ein Filter Ende März 1979 gereinigt und die Trocknungsmaschinen in dieser Zeit deaktiviert wurden, versäumte es der verantwortliche Techniker, seine Notiz über den Reinigungsvorgang in das Betriebsbuch einzutragen. Am Montag wurden versehentlich wieder aktiviert und das örtliche Gesundheitsministerium in Unkenntnis darüber gelassen.

In der Nähe der Biowaffenanlage befand sich ein Keramikwerk, in dem ein paar Mitarbeiter erkrankten. Ein Großteil der Erkrankten starb über einen Zeitraum von sieben Tagen und insgesamt seien offiziellen Angaben zufolge 105 Menschen durch den Milzbrand-Unfall gestorben.

Auf Anweisung des KGB wurden zur Verschleierung der wahren Opferzahl jegliche Dokumente und Beweise zerstört, offenbarte Ken Alibek, der damals stellvertretender Leiter des Biolabors war.

Milzbrand-Unfall wird bekannt

Zwei Ärzte, die im Krankenhaus Nr. 40 arbeiteten, bewahrten Dokumente und Gewebeproben aller Opfer der Milzbrand-Epidemie auf. Als die Sowjetunion Anfang der 1990er-Jahre zusammenbrach, erhielt der Harvard-Professor Matthew Meselson die Unterlagen zur Analyse.

Nach seinen Untersuchungen, die 1992 durchgeführt wurden, hatten alle Opfer des Zwischenfalls in der Windrichtung gestanden, aus denen die Milzbrandsporen kamen und auch das Vieh im Umfeld der Biowaffenanlage das Leben kostete. Ein Zutritt in die Fabrik blieb Matthew Meselson und seinem Team verwehrt.

Wenn die versehentlich freigelassenen Milzbrandbakterien in der Stadt gelangt wären, hätte dies zu mindestens 100.000 Todesopfern geführt.

Verstoß gegen Biowaffen-Verbot?

Der Milzbrand-Unfall um Swerdlowsk könnte ein Bruch des Biowaffenverbots bedeutet haben, das im Dezember 1971 geschlossen wurde. Nach dieser Biowaffenkonvention ist die Entwicklung, Fertigung und Lagerung biologischer wie toxilogischer Waffen untersagt, ebenso müssen Biowaffen vernichtet werden. Weltweit haben 180 Staaten das Biowaffenverbot unterzeichnet.

Die Biowaffenforschung soll unterirdisch verlagert worden sein. Hier wird laut Berichten an Krankheitserregern gearbeitet, die eine enorme Ansteckungsgefahr haben. Bei den Erregern handelt es sich den Angaben nach um H4-Stämme des Milzbrandbakteriums, der gentechnisch verändert wurde. Die Antibiotikum-Resistenz soll extrem stark und die genetisch angepassten H4-Stämme hochansteckend sein.

Die Unterzeichnung des Biowaffenverbots untersagt eigentlich die Entwicklung, Herstellung, Lagerung und Verbreitung von Biowaffen. Insgeheim wird das Militär sehr wahrscheinlich an der Erforschung biologischer Waffen arbeiten.

Im aktuellen Skripal-Fall, bei dem ein ehemaliger russischer Diplomat und seine Tochter das Opfer eines Anschlags mit Nervengift wurden, soll Russland verwickelt sein, doch bis heute ist nicht klar, wer der wahre Verantwortliche ist. Sergej Skripal und seine Tochter kamen nach neuesten Informationen zuhause mit dem Nervengift in Berührung.

Zur Zeit liegen sie in einem Krankenhaus. Weltweit sind über 60 russische Diplomaten wegen des Vorfalls ausgewiesen worden, was die Spannungen zwischen Russland, der NATO und den USA verschärft.

Beitragsbild: @ depositphotos.com / katerynakon

Andreas Krämer

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